Der Deutsche Bundestag debattierte in dieser Woche über den Antrag der Fraktion Bündnis90/Die Grünen "Zivilpersonal in Konflikten besser betreuen". Die hannoveraner Bundestagsabgeordnete und Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion im Unterausschuss Zivile Krisenprävention und vernetzte Sicherheit gab dazu eine Rede zu Protokoll, in der sie noch einmal die besondere Bedeutung der zivilen Krisenprävention für eine erfolgreiche Außen- und Friedenspolitik unterstrich.

Konflikte, die drohen, in gewalttätigen oder kriegerischen Auseinandersetzungen zu münden, können nicht mit militärischen Mitteln gelöst werden. Militärische Interventionen können im Falle von Bürgerkriegen, Völkermord oder anderen kriegerischen Auseinandersetzungen höchstens einen Waffenstillstand erzwingen oder Bevölkerungsgruppen schützen, um so politische Verhandlungen wieder zu ermöglichen. Zivile Krisenpräventionspolitik ist daher der entscheidende Weg, um Konflikte zu entschärfen und sie einer politischen Lösung zuzuführen. Erfolgreiche Maßnahmen von Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und Friedenskonsolidierung lassen sich nur mit ressortübergreifenden zivilen Instrumenten und Maßnahmen erreichen.

Die Debatte um Peacebuilding-Missionen, sei es nun in den Vereinten Nationen, der EU, der OSZE oder anderer Organisationen dreht sich dabei im Wesentlichen um Fragen des politischen Mandates, des Budgets oder der Logistik. Die Frage des notwendigen und ausreichend qualifizierten Personals für die erforderlichen Aufgaben wird meist nachrangig diskutiert. Doch dies ist falsch, denn motiviertes und besonders gut ausgebildetes Personal ist der Schlüsselfaktor für erfolgreiche Friedensmissionen. Der Personalbedarf internationaler Friedenseinsätze steigt ständig, quantitativ wie auch qualitativ. Ursache dafür ist die Zunahme von personalintensiven und in der Fläche präsenten Missionen. Damit einhergeht immer ein erhöhter Bedarf an zivilem Personal und sich verschärfende Probleme bei der Gewinnung dieses Personals. Alleine im vergangenen Jahr waren weltweit fast 12.000 zivile Fach- und Führungskräfte in Missionen der UN, der EU oder der OSZE in den verschiedenen Krisenregionen der Welt tätig. Dabei erstreckt sich ihr Aufgabenspektrum von der Beratung von Politik und Verwaltung, über Grenzkontrollen bis hin zur Unterstützung und Ausbildung im Bereich von Polizei oder Justiz.

Neben der Notwendigkeit einer verbesserten Personalgewinnung dürfen wir aber auch nicht aus den Augen verlieren, dass Auslandseinsätze, insbesondere in Krisenregionen, oft mit besonderen physischen und psychischen Belastungen und Risiken verbunden sind. Was für den Einsatz von Soldaten der Bundeswehr zu einem großen Teil bereits berücksichtigt wird, findet mit Blick auf ziviles Personal noch immer zu wenig Anerkennung. Auch zivile Helfer und Fachkräfte sind bei ihrem Einsatz konfrontiert mit brutalster Gewalt, mit Verfolgung und ihren Auswirkungen auf Menschen und ihr Zusammenleben. Sie erleben Hunger und Elend aus nächster Nähe und sind mit der Verarbeitung ihrer Erlebnisse während des Einsatzes und darüber hinaus oftmals allein gelassen.

Wenn die zivile Krisenprävention eines der wesentlichsten Kennzeichen deutscher Friedens- und Außenpolitik sein soll, dann müssen wir auch die Menschen, die vor Ort in beeindruckender Art und Weise dafür einstehen, besser betreuen und unterstützen. Mit der Einrichtung des Zentrums für Internationale Friedenseinsätze, dem ZIF ist im Rahmen des rot-grünen Aktionsplanes „Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und Friedenskonsolidierung“ hierfür ein wesentlicher Grundstein gelegt worden. Das ZIF hat in den vergangenen fast zehn Jahren seines Bestehens eine wertvolle Aufbauarbeit geleistet und genießt international ein hohes Ansehen. Dafür auch an dieser Stelle einen herzlichen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Ludwigkirchplatz hier in Berlin.

Aber vor dem Hintergrund seiner finanziellen und personellen Ausstattung ist auch das ZIF nicht in der Lage, eine umfassende und längerfristige soziale und psychosoziale Betreuung der zivilen Fachkräfte vor, während und nach einem Einsatz zu übernehmen. Der finanzielle Aufwuchs bei den Mitteln für das ZIF in Höhe von gut 200.000 € ist zwar ein richtiger aber noch immer ein viel zu kleiner Schritt in diese Richtung. Notwendig ist ein übergreifender und umfassender Ansatz der Bundesregierung für die Betreuung von zivilem deutschem Personal in internationalen Friedensmissionen. Die Diskussionen über die psychosoziale Betreuung von Soldaten der Bundeswehr wird verbessert, was richtig und notwendig ist. Richtig und notwendig ist aber auch die psychosoziale Betreuung des zivilen Personals.

Beispielhaft für das mangelnde strategische Bewusstsein ist die finanzielle Ausstattung des Zivilen Friedensdienstes. Die Kürzungen im Haushalt 2011 des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung werden trotz der positiven Evaluierung des Projektes auch im kommenden Jahr nicht rückgängig gemacht. Da frage ich: Warum wird eine Evaluierung durchgeführt, wenn die Bundesregierung nicht bereit ist, die vorgeschlagenen Schlüsse daraus zu ziehen? Gerade hier, bei der Entsendung von erfahrenen Friedensfachkräften als zentralem Element des Projektes kommt es darauf an, Betreuung und Begleitung weiter zu intensivieren. Weitere 20 Millionen Euro wären hier notwendig und insgesamt sehr gut investiert.

Deshalb bedaure ich es sehr, dass die Koalitionsfraktionen den Antrag der SPD auf Erhöhung des Titels um 3 Mio. € abgelehnt haben. Damit hätten wir mit dieser wichtigen Aufgabe zumindest beginnen können.

Der vorliegende Antrag von Bündnis 90/Die Grünen greift dieses vernachlässigtes Thema auf und beschreibt zumindest die wesentlichen Handlungsfelder. Die SPD-Bundestagsfraktion wird dem Antrag deshalb zustimmen.