Persönliche Erklärung zum Erneuerbare-Energien-Gesetz
Am 8. Juli 2016 hat der Deutsche Bundestag die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes beschlossen. Hier finden Sie dazu eine persönliche Erklärung von Bundestagsvizepräsidentin Edelgard Bulmahn.
Persönliche Erklärung von Bundestagsvizepräsidentin Edelgard Bulmahn zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
Persönliche Erklärung von Bundestagsvizepräsidentin Edelgard Bulmahn
nach § 31 zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
Im Parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen beim EEG 2017 durchzusetzen. So wird im Zuge der Umstellung vom Einspeisevergütungssystem auf Ausschreibungen - zur Wahrung der Akteursvielfalt - die Möglichkeit der Teilnahme auch von Kommunen gestärkt. So kann eine Teilhabe an der Energiewende über Städte und Gemeinden erfolgen, indem Bürgerenergiegesellschaften zehn Prozent ihrer Anteile der Kommune vor Ort anbieten müssen. Dies ist ein wichtiger Schritt, da nicht alle Menschen die finanziellen Möglichkeiten der eigenen Beteiligung haben, so jedoch über ihre Kommune beteiligt werden können. Teilhabe stärkt die Akzeptanz für Veränderungen, die mit der Energiewende einhergehen.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat zudem eine Öffnung für ergänzende Länder-Regelungen durchgesetzt. Darüber hinaus war bereits im Kabinettsentwurf verankert, dass Bürgerenergiegesellschaften keine Bundesimmissionsschutz-Genehmigung vorlegen müssen. Hiermit wird ihnen eine Hürde in der Projektplanung erspart. Die Vergütung von Bürgerenergiegesellschaften, die erfolgreich an einer Ausschreibung teilgenommen haben, orientiert sich am höchsten bezuschlagten Gebot (Bonus für Bürgerenergie), womit ein weiterer Anreiz mit Chancen auf Teilhabe gegeben wird.
Im Rahmen der parlamentarischen Verhandlungen konnte die SPD-Bundestagsfraktion im EEG erste Schritte zur Sektorkopplung – der Verknüpfung des Stromsektors mit dem Wärme- und Verkehrssektor – durchsetzen. Strommengen aus Erneuerbaren Energien, die andernfalls abgeregelt werden, sollen als sogenannte zuschaltbare Lasten für den Wärmesektor oder andere Umwandlungsformen, wie etwa Speicher, verwendet werden können.
Über eine Verordnung sollen demnächst Mieterstrommodelle ermöglicht werden. Wir stärken an dieser entscheidenden Stelle das schwächste Glied in der Energieversorgungskette, nämlich die MieterInnen als Endverbraucher. Durch Mieterstrommodelle schaffen wir eine wesentliche Voraussetzung, dass die Energiewende nun auch die Städte erreicht. Damit werden wir einen Beitrag zur klimaneutralen Stromversorgung leisten und gleichzeitig die MieterInnen entlasten.
Privatpersonen und kleine Unternehmen können Dach-Photovoltaikanlagen weiter nach dem System der garantierten Einspeisevergütung bzw. zum Selbstverbrauch errichten. Für den Bereich Wind Onshore konnte gegen den Willen des Koalitionspartners das Referenzertragsmodell verteidigt werden, womit ein bundesweiter Ausbau möglich bleibt. Der Koalitionspartner konnte sich ferner nicht damit durchsetzen, Entschädigungen bei Abregelungen weitergehend zu kürzen, was zu Investitionsunsicherheiten geführt hätte.
Für Wind Offshore konnte das Ziel von 15 GW installierter Leistung beibehalten werden. In den nun vorliegenden, zeitlichen als auch räumlichen Zuordnungen von Ausbaumengen, liegen allerdings auch Hemmnisse.
Für Kleinanlagen der Bioenergie von unter 150 kW wurde mit dem Parlamentarischen Verfahren eine Teilnahmemöglichkeit am Ausschreibungsverfahren geschaffen. Sie hatten nach der EEG-Novelle 2014 eine nur noch sehr eingeschränkte Perspektive. Ablaugeanlagen der Zellstoffindustrie in Ost- und Westdeutschland erhalten eine weitere Förderung über fünf Jahre. Der Beginn der Degression für Geothermieanlagen wird um ein Jahr auf den 1. Januar 2021 verschoben.
Mit der heutigen Entscheidung einer Systemumstellung auf Ausschreibungen wird ein Instrument der Mengensteuerung eingeführt. Internationale Erfahrungen mit Ausschreibungen zeigen, dass es über die Gebotsverfahren zu einer Einschränkung der Akteursvielfalt und Verlagerung auf Großinverstoren kommen kann. Zudem werden gemäß der Erfahrungen mit Ausschreibungsmodellen häufig größere Mengen der Zuschläge letztlich nicht realisiert, was insgesamt zu einem Minderausbau führen kann. Preissenkende Wirkungen, die mit Ausschreibungen erreicht werden, können sich hierüber und über Monopolbildungen in der Akteursstruktur nivellieren. Auch wenn das EEG 2017 Bürgerenergieanlagen in gewissem Umfang begünstigt, wird sich zeigen müssen, ob die Teilnahme an Ausschreibungen für kleine Akteure nicht dennoch zu einer Hürde werden könnte. So nahmen an Gebotsrunden im Zuge des Pilotverfahrens für Photovoltaik-Freiflächenanlagen zwar auch kleinere Akteure teil, dies jedoch in verhältnismäßig geringerem Ausmaß als im Rahmen des herkömmlichen Einspeisevergütungssystems.
In Kombination mit den nun begrenzenden Ausbaukorridoren, die in Deutschland mit dem EEG 2017 erstmals als jährliche fixe Obergrenzen festgeschrieben werden, wird zu hinterfragen sein, ob unsere Klimaschutzziele erreicht werden können. Insofern ist es problematisch, dass mit der CDU/CSU keine Regelung möglich war, bezuschlagte, nicht realisierte Ausbaumengen durch nachfolgende Gebotsverfahren wieder aufzugreifen.
Aus der völkerrechtlich verbindlichen Vereinbarung der Klimakonferenz von Paris ergibt sich für die Bundesrepublik Deutschland eine klare Verpflichtung zur Ablösung fossiler Energien. Große Potenziale für die Schaffung neuer Arbeitsplätze liegen in einer Kopplung der Sektoren Strom, Wärme und Mobilität. Dies bedeutet, dass wir zukünftig auf zunehmend mehr Erneuerbare Energien angewiesen sein werden.
Mit Hilfe Erneuerbarer Energien und unter Einsatz von Energieeffizienztechnologien ist bereits binnen weniger Jahre eine Entkopplung von Wirtschaftswachstum und relativen Energiebedarfen gelungen.
Erneuerbare Energien stehen für einen weltweit verfügbaren und damit von Grund auf gerechten Zugang zu Energie. Die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen würde bei ihrer Verknappung und zugleich steigenden Energiebedarfen zu massiven Verteilungskämpfen führen, die Gefahr von Kriegen verschärfen und die Schere zwischen Arm und Reich in einem unvorstellbaren Ausmaß auseinanderdrücken. Flucht vor dem Klimawandel und vor Energiearmut wären absehbare Entwicklungen mit verheerenden Folgen. Diese vor uns liegenden Aufgaben hat zuletzt eindringlich die Klimakonferenz von Paris unterstrichen.
Das für die Erfolge der Energiewende bislang maßgebliche Instrument des Einspeisevergütungssystems EEG hat weltweite “Strahlkraft“. Allein in Deutschland entstanden im Bereich der Erneuerbaren Energien weit über 400.000 Arbeitsplätze, die allerdings bereits durch die letzten EEG-Novellen und hier vorgenommene Einschnitte, insbesondere bei Photovoltaik und Bioenergie, rückläufig sind.
Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf unsere Energiewende- und Klimaschutzziele bedarf es in den folgenden Schritten einer Anpassung und Aufstockung der Ausbaukorridore sowie eines weiterführenden Instruments der Sektorkopplung, sodass wir auch zu einer Wärme- und Verkehrswende gelangen, wofür das EEG 2016 erste Anknüpfungspunkte bietet.
In einer Gesamtabwägung werde ich daher dem Gesetz zustimmen. Entscheidend dafür ist vor allem, dass wir keinen technologischen Fadenriss erleben und beim Mieterstrom und der Sektorkopplung wichtige Durchbrüche erzielt haben. Wir brauchen wirksame Klimaschutzmaßnahmen und daraus abgeleitete Ausbaupfade für die Erneuerbaren Energien über die Sektoren hinweg.
Edelgard Bulmahn