Zukunftschancen für Kinder und Jugendliche

Gleiche Chancen in der Bildung für alle Kinder und Jugendlichen und damit der erfolgreiche Zugang zum Arbeitsmarkt sind im Zeitalter der Wissensgesellschaft die wichtigste Voraussetzung für ein zukunftsfähiges Land.

Chancengleichheit beim Zugang zu Bildung

Für uns bedeutet Chancengleichheit, dass alle Kinder und Jugendlichen, unabhängig von Herkunft und Geschlecht, einen umfassenden Zugang zu einer hochwertigen Bildung erhalten. Der Zugang zum Wissen und die Fähigkeit zum Lernen entscheiden über die Chancen eines selbstbestimmten Lebens. Eine fundierte Ausbildung ist der Grundstein für die Entfaltung der Persönlichkeit und für soziale Teilhabe. Eine qualifizierte Ausbildung ist die beste Absicherung gegen Arbeitslosigkeit, denn das Risiko, ohne Ausbildung arbeitslos zu werden, ist nahezu dreimal so hoch wie bei beruflich Ausgebildeten.

Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands sowie die Beschäftigungs- und Lebenschancen jedes Einzelnen hängen deshalb heute und in Zukunft mehr denn je davon ab, ob es gelingt, möglichst alle Potenziale der Menschen zu fördern. Damit muss früh begonnen und schon im Vorschulalter die Sprachbegabung und Sprachkompetenz der Kinder gefördert werden. Eine weitere notwendige Bedingung zur Verbesserung der Teilhabegerechtigkeit an Bildung und Arbeit ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Noch viel zu häufig können junge Väter und Mütter nicht auf eine umfassende und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung zurückgreifen. Sie müssen sich zwischen Familie und Beruf entscheiden.

Chancen und Perspektiven werden früh eröffnet oder verbaut

Chancen und Perspektiven werden schon früh, also in Kindergarten und Schule, eröffnet - oder auch verbaut. Das wurde schmerzlich anhand der Ergebnisse der Pisa-Studie vor Augen geführt. Zukunftsorientierte Bildung muss das frühe Aussortieren von Kindern und Jugendlichen vermeiden und auf individuelle Förderung setzen. In den 80er und 90er Jahren gab es große Versäumnisse bei der Bildungs- und Zuwanderungspolitik der damaligen Bundesregierung. Diese schlagen sich noch heute in der Struktur der Jugendarbeitslosigkeit nieder. Besorgniserregend ist: 16 Prozent der arbeitslosen Jugendlichen im März 2005 haben keinen Schulabschluss, 45 Prozent haben keine abgeschlossene Ausbildung, 11 Prozent sind Jugendliche mit Migrationshintergrund, zumeist mit besonderen Sprachhemmnissen.

Arbeitslosigkeit führt gerade bei jungen Menschen zu einem Verlust an Perspektive, Motivation und Selbstvertrauen und ist mit hohen sozialen und finanziellen Kosten für die Gesellschaft verbunden.

Der Zugang zu Ausbildungs- und Arbeitsmarktchancen für junge Menschen hat oberste Priorität. Jugendliche sollen in Deutschland mit Zuversicht in ihre Zukunft blicken können. Ein erfolgreicher Start ins Berufsleben ist entscheidend für die persönliche Zufriedenheit, materielle Sicherheit der jungen Menschen und angesichts der demographischen Entwicklung auch für die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland.

Unsere Reformen wirken

Mit der Agenda 2010 haben wir einen Schwerpunkt auf Bildung, Betreuung und Innovation gelegt. Seit 1998 haben wir die Bildungspolitik im Rahmen unserer Zuständigkeit im Bund als eine zentrale Aufgabe wahrgenommen und dabei Deutschland mit umfassenden und weitreichenden Reformen vorangebracht:

Beispiel 1: Mehr Ganztagsschulen

Die Bundesregierung hat mit dem Investitionsprogramm "Zukunft Bildung und Betreuung" die Länder in den Jahren 2003 bis 2007 mit insgesamt vier Milliarden Euro beim Auf- und Ausbau des Ganztagsschulangebotes unterstützt. Mit diesem größten Schulinvestitionsprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik werden die Länder entlastet, damit diese mit ihren jeweiligen pädagogischen Konzepten die individuelle Förderung von Talenten und die Betreuung lernschwacher Schülerinnen und Schüler grundlegend verbessern können.

Beispiel 2: Mehr Betreuungsangebote für Kleinkinder

Im Herbst 2004 haben wir das Tagesbetreuungsausbaugesetz verabschiedet und damit die Voraussetzungen für den deutlichen Ausbau des Betreuungsangebotes für Kinder unter drei Jahren geschaffen. Bis zum Jahr 2010 soll das Angebot an Kleinkinderbetreuung, die in der Zuständigkeit der Länder liegt, quantitativ und qualitativ an den westeuropäischen Standard herangeführt werden.

Beispiel 3: Reform des Berufsbildungsgesetzes und der Handwerksordnung

Mit der Reform des Berufsbildungsgesetzes und der Handwerksordnung haben wir das duale Berufsausbildungssystem gestärkt und modernisiert und die Qualität der Berufsbildung verbessert. Die Internationalisierung der beruflichen Bildung und die Einführung zweijähriger Berufsbilder wurden vorangetrieben. Vollzeitschulische Ausbildung kann verstärkt von den Bundesländern zum Abschluss durch eine Kammerprüfung zugelassen werden. So verhindert die Reform die zeitraubenden und teuren Warteschleifen, die Auszubildende heute auf dem Weg zu einem breit anerkannten Abschluss hinter sich bringen.

Beispiel 4: Ausbildungsberufe modernisiert

Mit modernen Berufen werden neue Ausbildungsplätze geschaffen. Das ist die beste Prävention gegen Jugendarbeitslosigkeit. Wir sind hier weit vorangekommen: Seit 1998 haben wir insgesamt über 180 Ausbildungsberufe modernisiert oder neu geschaffen. Dieses Jahr werden 19 weitere hinzu kommen. Die Hälfte aller Jugendlichen wird mittlerweile in modernisierten oder neu geschaffenen Berufsbildern ausgebildet.

Beispiel 5: "Pakt für Ausbildung"

Durch den von Wirtschaft und Bundesregierung Mitte 2004 unterzeichneten "Pakt für Ausbildung" wurde die Ausbildungsbilanz erheblich verbessert. Erstmals seit 1999 wurden 2004 wieder mehr betriebliche Ausbildungsverträge geschlossen als im Vorjahr. Bis zum 30. September 2004, dem jährlichen Stichtag für die Bilanz, wurden 573.000 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. Das sind rund 15.300 oder insgesamt 2,8 Prozent mehr als 2003. Mit 59.000 neuen betrieblichen Ausbildungsplätzen und mehr als 30.000 Einstiegsqualifikationen wurden die Ziele des Paktes für Ausbildung sogar übertroffen. Die Wirtschaft bleibt aufgefordert, in ihren Anstrengungen nicht nachzulassen und auch im Jahr 2005 zur Sicherung des Fachkräftenachwuchses verstärkt Ausbildungsplätze bereit zu stellen.

Beispiel 6: BAföG-Reform

Mit der großen BAföG-Reform aus dem Jahr 2001 ist es der Bundesregierung gelungen, jungen Leuten das Vertrauen in die staatliche Ausbildungsförderung zurück zu geben. Die Förderung ist von 1998 bis 2003 fast verdoppelt worden, von 1,2 auf 2,03 Milliarden Euro für eine Zahl von Geförderten, die von 341.000 auf 505.000 im Jahresdurchschnitt anwuchs. Deshalb ist in diesem Zeitraum ist auch der Anteil der Studienanfänger von 27,7 auf 36,5 Prozent eines Jahrgangs gestiegen. Parallel dazu ist ebenfalls die Zahl der Auszubildenden, die Berufsausbildungsbeihilfe erhalten, deutlich angestiegen. Lag die Zahl im Durchschnitt des Jahres 2001 noch bei 63.000 Personen, so lag sie im Jahr 2004 bei 99.369 Auszubildenden.

Der von Teilen der Union geäußerten Absicht, das BAföG abzuschaffen und auf Darlehensfinanzierung umzustellen, erteilen wir eine entschiedene Absage.

Beispiel 7: Meister-BAföG attraktiver gemacht

Die Bundesregierung hat durch die Reform des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) das Meister-BAföG mit seinen Zuschüssen zum Lebensunterhalt, zu den Lehrgangs- und Prüfungsgebühren, zu den Kosten der Kinderbetreuung und durch die Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau noch attraktiver gemacht.

Beispiel 8: Für ein kindergerechtes Deutschland

Der Nationale Aktionsplan "Für ein kindergerechtes Deutschland 2005 - 2010", den die Bundesregierung Anfang 2005 beschlossen hat, wird einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, Deutschland in den kommenden Jahren an die Spitzengruppe der kinderfreundlichen Länder in Europa heranzuführen. Als zentrales Handlungsfeld des Aktionsplans ist die Chancengerechtigkeit durch Bildung definiert. In einem ressortübergreifenden Ansatz werden die Möglichkeiten eines auf das gemeinsame Ziel eines umfassenden Zugangs zu hochwertiger Bildung für alle Kinder unabhängig von Herkunft und Geburt hin ausgerichteten Zusammenwirkens von Eltern, Betreuungseinrichtungen, Schulen und Trägern der Jugendhilfe beschrieben. Weitere Maßnahmevorschläge beziehen sich auf die Unterstützung der Jugendlichen beim Einstieg in das Berufsleben.

Beispiel 9: Projekt P - Kinder und Jugendliche beteiligen

Der Nationale Aktionsplan bildet zugleich eine wichtige Grundlage für das "Projekt P", ein vom Bundesfamilienministerium, der Bundeszentrale für politische Bildung und dem Bundesjugendring gegründetes Aktionsbündnis zur Förderung der politischen Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Anfang 2005 waren bundesweit bereits 6000 Kinder und Jugendliche in über 200 Projekten aktiv - vom 10. bis 12. Juni werden sich alle Beteiligten des Projekts in Berlin zu einem "Festival für junge Politik" mit Workshops, Wettbewerben und der Präsentation ihrer bisherigen Aktivitäten treffen.

Beispiel 10: Ausbildung oder Arbeit für jeden jungen Menschen

Seit dem 1. Januar 2005 haben Jugendliche unter 25 Jahren, die das neue Arbeitslosengeld II beantragen, einen Rechtsanspruch auf Vermittlung in einen Ausbildungsplatz oder auf einen Arbeitsplatz. Wir wollen, dass diese jungen Menschen ein selbstbestimmtes Leben führen können und nicht auf die Hilfe des Staates angewiesen sind.

Wir werden die mit der Agenda 2010 begonnenen Reformen weiter entschlossen umsetzen und alle politischen und gesellschaftlichen Akteure in die Pflicht nehmen.

Um jungen Menschen auf dem Arbeitsmarkt, bei der Entscheidung für eine Ausbildung, ein Studium und auch bei der Familiengründung eine Perspektive zu eröffnen und so Lebenschancen zu verwirklichen, sind alle Entscheidungsträger gefordert. Angesprochen sind nicht nur Bundesregierung und Bundesagentur für Arbeit, sondern auch Kommunen und Länder, Arbeitgeber und Gewerkschaften, Erzieher/innen und Lehrer/innen. Alle müssen an einem Strang ziehen. Es geht um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.