"Soziale Marktwirtschaft muss das Wir stärker in den Mittelpunkt stellen"
Auf Einladung des Bundestagsabgeordneten Josip Juratovic besuchte Edelgard Bulmahn am 05. August 2009 dessen Wahlkreis im fränkischen Heilbronn. Dabei führte sie auch ein Interview mit Detlef Hintze von der Heilbronner Stimme:
Frage: Die Konjunkturdaten weisen leicht nach oben, steht dem Arbeitsmarkt noch das Schlimmste bevor?
Edelgard Bulmahn: Wir haben in den vergangenen Monaten gerade für viele kleine und mittelständische Unternehmen Hilfsbrücken gebaut. Ich hoffe, wir konnten damit die Auswirkungen der Krise auf den Arbeitsmarkt begrenzen.
Frage: Kurzarbeit ist auch ein Instrument der Flexibilität. Benötigt der Arbeitsmarkt weitere Hilfen?
Edelgard Bulmahn: 1,3 Millionen Menschen, die jetzt kurzarbeiten und teilweise weiter qualifiziert werden, haben noch ihren Arbeitsplatz. Das ist ein Erfolg unserer Politik.
Frage: Weitere Hilfen?
Edelgard Bulmahn: Im Moment nicht, denn neben der verlängerten Kurzarbeiterregelung haben wir ein kommunales Konjunkturprogramm aufgelegt. Davon profitieren gerade auch viele kleinere Handwerksbetriebe vor Ort. Und wir erreichen damit, dass viele Bildungseinrichtungen besser ausgestattet werden.
Frage: Benötigen wir weitere Hilfen?
Edelgard Bulmahn: Wir sollten jetzt nicht ein Programm nach dem anderen auflegen, sondern uns auf eine dauerhafte Bewältigung der drei großen Probleme – Wirtschafts-, Finanz- und Klimakrise – einstellen. Ziel sollte es sein, unsere Wirtschaft so zu stärken, dass sie auch noch in zehn Jahren der Ausrüster der Welt ist.
Frage: Passt die Forderung nach Mindestlöhnen jetzt in die Krisenzeit?
Edelgard Bulmahn: Menschen, die 40 Stunden in der Woche arbeiten, müssen doch davon leben können. Gerade für Bürger, die nur ein geringes Einkommen haben, müssen wir dringend die Kaufkraft stärken. Deshalb passt unsere Forderung in die Zeit, und sie hilft. die Binnenkonjunktur zu stärken und etwas unabhängiger von den Exporten zu werden.
Frage: Unlängst haben Sie erklärt, die Soziale Marktwirtschaft brauche einen Neustart. Was meinen Sie damit?
Edelgard Bulmahn: Es geht um zwei Dinge: Auch Deutschland muss in seiner Unternehmenskultur umdenken und dem langfristigen Erfolg oberste Priorität einräumen. Das geht nur zusammen mit den Mitarbeitern. Zweitens: Der Maschinenbau, die Auto- oder Chemieindustrie werden sich langfristig auf den Weltmärkten nur dann behaupten, wenn sie energie- und ressourcenschonende Produkte herstellen. Soziale Marktwirtschaft muss außerdem das Wir stärker in den Mittelpunkt stellen.
Frage: Was meinen Sie denn mit Wir?
Edelgard Bulmahn: Vorstandsgehälter dürfen nicht 30, 40 mal so hoch sein, wie die ihrer Mitarbeiter. Mitbestimmung und die Teilhabe von Mitarbeitern am Erfolg ihres Unternehmens sollten selbstverständlich sein.
Frage: Kurzfristige Erfolge werden gleich belohnt?
Edelgard Bulmahn: Gehälter und Boni müssen sich am langfristigen Erfolg des Unternehmens orientieren. Dazu haben wir ein paar Regeln durchgesetzt. Noch nicht gelungen ist es, Börsenspekulationen etwas einzudämmen. Die SPD fordert hier eine Börsenumsatzsteuer. Es ist doch irrsinnig, wenn Unternehmen mehr Gewinn haben als Umsatz und auf Dauer geht das nicht gut.
Frage: Entscheidet sich die Bundestagswahl am Thema Wirtschaft- Arbeitsmarkt?
Edelgard Bulmahn: Ja, ist geht um die besseren Konzepte zur Bewältigung der Dreifachkrise. Und da hat die SPD mit der Kurzarbeiterregelung, dem kommunalen Konjunkturprogramm, der konsequenten Förderung energie- und ressourcenschonender Produkte oder auch den Kredit- und Bürgschaftsprogrammen für Kleinbetriebe einiges auf den Weg gebracht.