"Es sieht nach Trickserei aus"
Thüringer Allgemeine: Zwölf Milliarden Euro zusätzlich will der Bund in Bildung investieren. Ist diese Summe ausreichend?
Edelgard Bulmahn: Angemessen wären 25 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich — das entspräche zehn Prozent unseres Bruttoinlandsproduktes. Bildung ist der Schlüssel für unsere Zukunft. Sonntagsreden verbessern nichts
Thüringer Allgemeine: Die Bundesregierung hat den Ländern bereits finanzielle Unterstützung zugesagt.
Edelgard Bulmahn: Es sieht eher nach Trickserei aus. Durch die schwarz-gelben Steuersenkungspläne müssen die Länder massive Mindereinnahmen in Kauf nehmen und sollen nun mit ein paar Geschenken abgespeist werden. Das ist keine seriöse Politik.
Thrüinger Allgemeine: Gehört die Bilungskompetenz nicht längst in Bundeshand?
Edelgard Bulmahn: Eine solche Föderalismusreform wäre derzeit nicht mehrheitsfähig. Wir brauchen einfach eine andere Steuerpolitik, die wieder Geld in die klammen Länderhaushalte bringt.
Thüringer Allgemeine: In welche Bereiche müsste besonders investiert werden?
Edelgard Bulmahn: Vor allem in die personelle Ausstattung der Schulen und Universitäten. Es kann nicht angehen, dass sich ein Professor in einem Seminar 100 Studierenden gegenübersieht oder 28 Kinder in einer Klasse sind. Besonders Kinder aus Migrantenoder sozial problematischen Familien brauchen viel mehr Förderung in kleinen Gruppen.
Thüringer Allgemeine: Steht eine flächendeckende Förderung im Gegensatz zu Ihrem 2004 verkündeten Konzept der Elite-Unis?
Edelgard Bulmahn: Einzelne Hochschulen mit hervorragender finanzieller Ausstattung sind notwendig, um in der Forschung weltweit konkurrenzfähig zu bleiben. Parallel muss mehr getan werden, dass jeder die Chance auf gute Ausbildung hat, unabhängig vom Geldbeutel.
Thüringer Allgemeine: Wie viel Gestaltungsspielraum hat eine Bildungsministerin?
Edelgard Bulmahn: Natürlich steht meine Nachfolgerin Annette Schavan beim Gipfel zwischen den Fronten. Aber da muss sie sich durchsetzen und von Angela Merkel substanzielle Finanzierungszusagen für die Bildung einfordern.