[07.2007] Debatte um Terrorismusbekämpfung
Sicherheit und Bürgerrechte gehören zusammen.
Sicher sein und sich sicher fühlen! Das berechtigte Sicherheitsinteresse der Menschen zu wahren und zu schützen, ist zentrale Aufgabe des Staates. Die SPD-geführte Bundesregierung hat nach den Anschlägen in den USA am 11. September 2001 konsequent und mit Augenmaß gehandelt. Die Bundesrepublik ist in der Strafverfolgung und der Gefahrenabwehr gut aufgestellt, um auf die unverändert hohe weltweite Terrorbedrohung reagieren zu können. Die SPD wird auch in Zukunft dafür sorgen, dass die Menschen in Deutschland sicher sind und sich auch sicher fühlen.
Die SPD ist die Partei der inneren Sicherheit und der Bürgerrechte.
Sicherheit und Bürgerrechte sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Wir schützen das eine genau so wie das andere. Wir halten an unseren freiheitlichdemokratischen Rechtsprinzipien fest. Das ist das erste Gebot der geistigen Abwehr von Extremismus und Terrorismus: Die Grundrechte und die grundlegenden Prinzipien des Rechtsstaates sind keine Variablen, die je nach Belieben uminterpretiert werden können. Sie bleiben für uns unantastbar.
Jede zusätzliche Forderung nach neuen Maßnahmen oder schärferen Gesetzen muss nicht nur dahin gehend geprüft werden, ob dies tatsächlich mehr Sicherheit bringen könnte. Alle Maßnahmen und Gesetze müssen auch mit den Grundwerten unserer Verfassung vereinbar sein.
Das Bundeskriminalamt im Kampf gegen den internationalen Terrorismus stärken.
Die SPD hat dafür gesorgt, dass mit der ersten Stufe der Föderalismusreform das Bundeskriminalamt mit einer eigenen Ermittlungskompetenz im Kampf gegen den internationalen Terrorismus ausgestattet wurde (Artikel 73 Absatz 1 Ziffer 9a Grundgesetz). Mit der Novelle des BKA-Gesetzes gilt es jetzt, diese Befugnisse im Einzelnen zu regeln. Ein entsprechender Gesetzentwurf liegt seit Wochen vor. Darin sind viele wichtige und unumstrittene Ermittlungsinstrumente für den Kampf gegen den internationalen Terrorismus enthalten, auf die das BKA dringend wartet.
Leider kann das BKA von diesen Befugnissen zur Zeit noch keinen Gebrauch machen, da das Gesetzesverfahren durch Bundesinnenminister Wolf - gang Schäuble aufgehalten wird. Er verknüpft unnötigerweise die Novelle des BKA-Gesetzes mit dem umstrittenen Instrument der Online-Durchsuchung. Mit diesem Instrument sollen mittels eines heimlich eingeschleusten Virusprogramms sämtliche Daten des PC-Inhabers ohne sein Wissen über die Internetverbindung auf einen Polizeicomputer gespeichert werden, um sie nach belastenden Informationen durchforsten zu können.
Die SPD hat bei der Online-Durchsuchung noch erheblichen Klärungsbedarf: Handelt es sich wirklich um ein taugliches Mittel im Kampf gegen den Terrorismus? Gibt es überhaupt technische Möglichkeiten und Notwendigkeiten? Ist ein solcher tiefer und geheimer Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte informationelle Selbstbestimmung durch das Grundgesetz noch gedeckt?
Wir müssen das BKA-Gesetz jetzt novellieren, um die Sicherheitslage in Deutschland zu verbessern. Das BKA muss arbeiten können. Die Forderung von Wolfgang Schäuble, die Online-Durchsuchung unbedingt mit dem vorliegenden Gesetz zu verknüpfen ist unnötig und gefährdet die Sicherheit.
Kein neuer Straftatbestand Verschwörung.
Wolfgang Schäuble hat einen neuen Straftatbestand der Verschwörung gefordert. Als Vorbild nannte er entsprechende Vorschriften in den USA. Gemeint ist damit die Möglichkeit, Terrorverdächtige, bei denen kein konkreter Tatverdacht einer Straftat vorliegt, vorsorglich in Gewahrsam nehmen zu können. Wenn aber kein konkreter Tatverdacht vorliegt, bestraft man mit einem solchen Tatbestand eine extreme Gesinnung. Das kommt einem Gesinnungsstrafrecht gleich, das Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten aus voller Überzeugung ablehnen.
Das gültige Strafgesetzbuch enthält eine rechtsstaatlich einwandfreie Möglichkeit jene zu bestrafen, die sich verabreden ein Verbrechen zu begehen (§ 30 Absatz 2 Strafgesetzbuch). Insofern besteht kein Bedarf sich an US-Amerikanischen Strafnormen ein schlechtes Beispiel zu nehmen.
Keine anlassunabhängige Tötung von Extremisten kein Target Killing.
Wir führen keinen Krieg gegen Terroristen, sondern wir bekämpfen extremistisch motivierte Schwerstkriminalität! Wir widersetzen uns einer Militarisierung der Kriminalitätsbekämpfung. So wenig, wie wir es seinerzeit zugelassen haben, dass RAF-Terroristen für sich einen Kombattanten- Status reklamieren konnten, so müssen wir auch heute Terroristen als das behandeln, was sie sind: gefährliche Kriminelle.
Es ist mit unserem Rechtsstaat völlig unvereinbar, wenn der Staat ohne konkreten Anlass einen des Terrorismus Verdächtigen auf Verdacht tötet, sobald er dessen Aufenthalt kennt. Ein solches, von den US-Amerikanern als Target Killing bezeichnetes Vorgehen, ist nach unserer Rechtsordnung als Totschlag zu werten. Denn schon die anlassbezogene Tötung von Kriminellen (finaler Rettungsschuss) liegt auf der Grenze dessen, was unsere Verfassung erlaubt. Grundsätzlich mussalso auch hier gelten: Terroristen sind dingfest zu machen und durch ein ordentliches Gerichtsverfahren ihrer gerechten Strafe zuzuführen!
Keine Befehlsgewalt der Bundeswehr im Inneren.
Die Bundeswehr spielt im Kampf gegen den internationalen Terrorismus eine wichtige Rolle aber nicht im Inland! Ihr Einsatz wird der ungleichgewichtigen Bedrohung durch Terroristen im Inland nicht gerecht.
Polizei und Nachrichtendienste sind auf die Auseinandersetzung mit einem Gegner, der im Verborgenen agiert, vorbereitet. Sie müssen mit Prävention und Aufklärung verhindern, dass es zu Terroranschlägen kommt.
Den Bestrebungen von CDU/CSU, die Bundeswehr auch im Inland einzusetzen, werden wir weiter mit aller Kraft entgegentreten. Mit der SPD wird es keine Militarisierung der Innenpolitik in Deutschland geben!
Bezüglich See- und Luftsicherheit: Hier halten wir uns an den Koalitionsvertrag! Wir wollen, dass Luftwaffe und Marine der Polizei Amtshilfe bei der Erfüllung ihrer Aufgaben leisten können. Mehr nicht!