Hilfen für Helfer

1. Wir halten Wort und setzen den Koalitionsvertrag um Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat einen Gesetzentwurf zur Stärkung des Bürgerschaftlichen Engagements vorgelegt. Er steht für mehr öffentliche Anerkennung, für mehr Anreize für das Engagement in Stiftungen und Vereinen und für Bürokratieabbau. Bereits am 14. Februar 2007 hat das Kabinett diesem Gesetzentwurf zugestimmt. Der Bundesrat hat am 30. März 2007 seine Stellungnahme abgegeben. Diese Woche erfolgt die erste Lesung im Bundestag. Die Reform soll rückwirkend zum 1. Januar 2007 in Kraft treten. Mit dem aus der Initiative "Hilfen für Helfer" entwickelten Gesetzentwurf halten wir Wort und setzen die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag um. Dort haben wir durchgesetzt, dass das bürgerschaftliche Engagement durch die Reform des Gemeinnützigkeitsrechts gefördert wird.

Im Einzelnen heißt es dazu: "Ohne ein starkes ehrenamtliches Engagement der Bürgerinnen und Bürger für unser Zusammenleben kann unsere Gesellschaft nicht existieren. Deshalb werden wir weitere Maßnahmen zur Unterstützung der aktiven Bürgergesellschaft ergreifen, indem wir etwa das ehrenamtliche Engagement fördern. (...) Der Staat sollte das bürgerschaftliche Engagement durch die Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen, die Beachtung der Auswirkungen auf bürgerschaftliches Engagement bei jeder Gesetzgebung und eine gezielte Weiterentwicklung der Anerkennungskultur fördern. Dazu gehört eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts genauso wie die Entbürokratisierung und Gewährung von Freiräumen für Kreativität und Innovation in anderen Rechtskreisen."

2. Wir wollen eine starke, vitale ,solidarische Bürgergesellschaft Für uns Sozialdemokraten ist die Würdigung des gesellschaftlichen Engagements viel mehr als nur ein politischer Nebenschauplatz. Wir wollen eine starke, vitale, solidarische Bürgergesellschaft.

Bürgerschaftliches Engagement ist ein Schlüssel für unser soziales Miteinander. Es hat viele Gesichter vom traditionellen Ehrenamt in Verbänden, Vereinen und Kirchen, z. B. in den Vorständen über Freiwilligendienste als besondere Facette des Engagements bis hin zu neuen Formen, wie Selbsthilfegruppen oder Freiwilligenagenturen. Unser solidarisches Gemeinwesen kann nur wachsen, wenn möglichst viele in ihrem Lebenskreis Verantwortung für sich und andere übernehmen.

Wir wollen, dass die soziale Verantwortung von Menschen für Menschen eine noch größere Bedeutung erlangt. Die solidarische Bürgergesellschaft ist deshalb ein wichtiger Leitsatz auf dem Weg zum neuen Grundsatzprogramm der SPD. Sie fördert die demokratische Beteiligung der Menschen, die Anerkennung von bürgerschaftlichem Engagement in allen Lebensbereichen und stärkt die Solidarität.

Die solidarische Bürgergesellschaft spielt für uns eine besondere Rolle bei der Weiterentwicklung unseres Sozialstaates. Sie ist ein Wohlfahrtsmix aus allen gesellschaftlichen Bereichen - dem Staat, der Wirtschaft, den großen Verbänden des dritten Sektors und eben den engagierten Bürgerinnen und Bürgern.

Schon heute engagieren sich über 23 Millionen Bürgerinnen und Bürger in unserem Land in mehr als 600.000 Vereinen und Organisationen und werden dabei meist außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung und Würdigung auf vielfältige Art und Weise aktiv. Aus dieser gelebten gesellschaftlichen Solidarität wächst neuer Zusammenhalt gegen die Vereinzelung und die Fliehkräfte in unserer Gesellschaft. Dafür braucht es Rahmenbedingungen wie Wertschätzung und Anerkennung.

Bürgerschaftliches Engagement lässt sich nicht verordnen. Es mit verbesserten rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen zu ermöglichen und zu fördern, ist und bleibt unsere ständige politische Aufgabe. Durch Anreiz- und Unterstützungsmöglichkeiten müssen Vorteile für die Engagierten geschaffen und ausgebaut werden.

Unsere Bilanz kann sich sehen lassen Ein unvollständiger Streifzug: ° Sozialdemokratische Kanzler haben sich immer für eine Übungsleiterpauschale stark gemacht. Willy Brandt hat sie in Höhe von 100 DM monatlich eingeführt, unter Helmut Schmidt wurde der Betrag auf 200 DM angehoben, und Gerhard Schröder ist 1999 noch ein Schritt weitergegangen: Er hat die Übungsleiterpauschale auf 154 Euro im Monat erhöht, um den Kreis der pädagogischen Betreuer erweitert und in eine steuerfreie Einnahme umgewandelt.

° Auf unsere Initiative hin wurde 2002 der Unterausschuss "Bürgerschaftliches Engagement" eingesetzt, der auch in dieser Legislatur das Thema parlamentarisch begleitet.

° Dank unserer Unterstützung hat sich im Jahr 2003 das "Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement" als Plattform für über 190 Organisationen aus Bürgergesellschaft, Politik und Wirtschaft gegründet.

° Wir haben den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz verbessert, wir fördern die Weiterentwicklung der Freiwilligendienste für die Jungen und die Alten, wir haben deutlich verbesserte Fördermöglichkeiten für Selbsthilfegruppen geschaffen und die Finanzbedingungen für die Hospizarbeit verbessert.

° Und nun der Gesetzentwurf sozialdemokratischer Handschrift...

3. Reform des Gemeinnützigkeitsrechts - Der Gesetzentwurf zur weiteren Stärkung bürgerschaftlichen Engagements

Der Gesetzentwurf ist ein erster Schritt zur Reform des Gemeinnützigkeitsrechts. Er drückt zum einen die Wertschätzung aus, die ehrenamtlich tätige Menschen verdienen. Zeitgleich soll er Zeichen setzen, um noch mehr Menschen zu motivieren, sich gleichfalls finanziell oder ehrenamtlich für unsere Gesellschaft einzusetzen. Der Gesetzesentwurf steht für mehr öffentliche Anerkennung, Vereinfachung, mehr Freiräume durch Bürokratieabbau und mehr Anreize für das Engagement in Stiftungen.

Durch die steuerrechtliche Förderung des ehrenamtlichen Engagements und der Stiftungstätigkeiten wird die aktive Bürgergesellschaft unterstützt. Durch den deutlichen Abbau von Bürokratie werden zudem mehr Freiräume für das bürgerschaftliche Engagement geschaffen.

Bund und Länder verzichten zugunsten der Engagierten zusammen auf Steuereinnahmen von insgesamt ca. 440 Millionen Euro. Diese Summe hört sich gewaltig an. Hiermit wird jedoch nicht der solide Konsolidierungskurs verlassen. Richtig ist: Der Staat verzichtet auf einen Teil seiner Einnahmen, um in den Zusammenhalt der Gesellschaft zu investieren. Es handelt sich damit um eine gezielte Zukunftsinvestition.

Die wichtigsten Maßnahmen Bessere Abstimmung der förderungswürdigen Zwecke im Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht. Weder der Kreis der gemeinnützigen noch der Kreis der spendenbegünstigten Zwecke werden verkleinert. Es gibt keine unterschiedlichen Fördersätze bei unterschiedlichen förderungswürdigen Zwecken mehr. Die Übersichtlichkeit und Praktikabilität im Spendenrecht werden durch einheitliche Definitionen von spendenbegünstigten und gemeinnützigen Zwecken in der Abgabenordnung (AO) gewährleistet. Vereinheitlichung und Anhebung der Höchstgrenzen für den Sonderausgabenabzug von bisher 5 % bzw. 10 % des Gesamtbetrages der Einkünfte auf einheitlich 20 % für alle förderungswürdigen Zwecke. Anhebung des Höchstbetrages für die Ausstattung von Stiftungen mit Kapital (Vermögensstockspenden) von 307.000 Euro auf 750.000 Euro ohne Beschränkung auf das Gründungsjahr. Anhebung der Besteuerungsgrenze für wirtschaftliche Betätigungen gemeinnütziger Körperschaften sowie der Zweckbetriebsgrenze bei sportlichen Veranstaltungen von jeweils 30.678 Euro auf 35.000 Euro Einnahmen im Jahr. Die Umsatzgrenze für den pauschalen Vorsteuerabzug dieser Unternehmen wird entsprechend angehoben. Anhebung des sog. Übungsleiterfreibetrages (nebenberufliche Tätigkeiten im Dienst oder Auftrag einer gemeinnützigen Einrichtung im erzieherischen oder künstlerischen Bereich oder zur Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen) von 1.848 Euro auf 2.100 Euro. Die Einführung eines Abzugs von der Steuerschuld für bestimmte freiwillige, unentgeltliche ehrenamtliche Tätigkeiten im gemeinnützigen Bereich (Förderung mildtätiger Zwecke) in Höhe von 300 Euro jährlich. Sonderausgabenabzug für Mitgliedsbeiträge an Vereine zur Förderung kultureller Einrichtungen auch bei Gegenleistungen (z. B. Freikarten). Abschaffung des zeitlich begrenzten Vor- und Rücktrags von Großspenden und des zusätzlichen Höchstbetrages für Spenden an Stiftungen zugunsten eines zeitlich unbegrenzten Zuwendungsvortrags.

4. Förderung des Bürgerschaftlichen Engagements über die Steuerpolitik

Steuerliche Förderung ist nur ein Standbein zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements. Unterstützung in anderen Bereichen haben wir auch in dieser Legislatur bereits auf den Weg gebracht. Bürgerschaftliches Engagement ist ein politisches Querschnittsthema. Es darf nicht als Ausfallbürge für leere Staatskassen missbraucht werden und ist nicht zum Nulltarif zu haben: Ehrenamtlichkeit braucht Hauptamtlichkeit, personelle Unterstützung und Anlaufstellen müssen gegeben sein, Qualifizierungsangebote und eine Kultur der Anerkennung und Wertschätzung geschaffen werden:

Wir investieren in die Jugendfreiwilligendienste als besondere Form des Engagements 2007 19 Millionen Euro. Mit europäischen Fördermitteln sollen bis 2014 mit zusätzlichen 14 Millionen Euro gezielt Jugendliche mit Hauptschulabschluss und Migrationshintergrund angesprochen werden. Wir unterstützen die Entwicklung von generationsübergreifenden Freiwilligendiensten in den 2005 begonnenen Modellprojekten. In bundesweit über 50 Modellprojekten wollen wir bis 2008 neue Wege für Freiwilligendienste ausloten, neue Zielgruppen, Einsatzbereiche und Träger gewinnen. Dafür stehen 2007 insgesamt 9 Millionen Euro im Bundeshaushalt zur Verfügung. Die ehrenamtliche Jugendarbeit des THW wird 2007 mit zusätzlich 300.000 Euro gestärkt. Die Fördermöglichkeiten für Selbsthilfegruppen und die ambulante Hospizarbeit werden durch die Gesundheitsreform weiter verbessert. Mit dem Sonderprogramm "Beschäftigung, Bildung und Teilhabe" in Höhe von 37 Millionen Euro stärken wir bis 2008 das Engagement für Toleranz und Integration vor Ort.

5. Entwicklung einer lebendigen Gesellschaft Agenda der SPD-Bundestagsfraktion

Auf unserer Agenda stehen der weitere Ausbau der Freiwilligendienste und ein Freiwilligenstatusgesetz, genauso wie die Reform des Vereinsrechts, Entbürokratisierung, Ausbau der Bürgerbeteiligung sowie die Unterstützung von nötigen Infrastrukturen der Engagementförderung, insbesondere auch von Migrantenselbstorganisationen. Am 19. September 2007 organisieren wir einen bundesweiten Kongress Migration geht uns alle an gemeinsam für mehr Engagement. Besonders auf kommunaler Ebene sind weitere Freiräume für bürgerschaftliches Engagement zu schaffen. Daher steht eine Förderung der Kommunen an. Wo aber die Union in den Ländern regiert, wird den Kommunen das Geld weggenommen. Es geht bei der Reform des Gemeinnützigkeitsrechts aber nicht um reine Privatisierung und Abwälzung der öffentlichen Aufgaben auf die Bürger, sondern um ein gegenseitiges solidarisches Miteinander von Staat und Bürgern...