Über 150 BürgerInnen waren in das Kulturzentrum Faust gekommen, um mit den vier hannoverschen Bundestagsabgeordneten über das Thema Migration und Teilhabe zu diskutieren. Eröffnet wurde die Veranstaltung durch einen „Markt der Möglichkeiten“, auf dem verschiedenste Initiativen und Projekte die Möglichkeit hatten, sich vorzustellen. Anschließend begrüßte die frühere Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn die Anwesenden mit einer kurzen Einführung ins Thema.

In der ersten Talkrunde stand die Gesundheits- und Gleichstellungspolitik im Fokus. Ramazan Salman, Leiter des ethno-medizinischen Zentrums Hannover und Jasmin Arbarbian-Vogel, Geschäftsführerin des Interkulturellen Sozialdienstes stellten vor allem praktische Hürden im alltäglichen Umgang von Migrantinnen und Migranten mit dem deutschen Gesundheitssystem heraus. Sprachprobleme und daraus entstehende Informationsdefizite seien ein Problem, denn das Verstehen einer Krankheit sei elementares Bedürfnis eines jeden Patienten. Des Weiteren wurde im Zusammenhang auf die Bedeutung von interkulturellen Kompetenzen im Pflege- und Gesundheitsberuf hingewiesen - nicht nur in Bezug auf Patientinnen und Patienten mit Migrationshintergrund. Sensibilität für die spezifischen Bedürfnisse, Grenzen und die Achtung von persönlichen und privaten „Regeln“ der Patienten sei indes die wichtige Qualifikation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ramazan Salman forderte von allen Beteiligten mehr Offenheit und weniger auf die ethische Zugehörigkeit zu schauen als auf die individuellen Bedürfnisse. Oft würden allerdings auch Hürden die Arbeit im Alltag unnötig komplizieren.

Die zweite Talkrunde beschäftigte sich mit politischen Herausforderungen an die Bildungs- und Gesellschaftspolitik. Edelgard Bulmahn forderte, dass mehr getan werden müsse, um Chancengerechtigkeit zu erreichen. Dazu gehören eine frühe, individuelle Förderung, eine gemeinsame, ganztägige Beschulung, sowie selbstverständlich eine ausreichende personelle Ausstattung, die eine hohe Qualität der Erziehung und Bildung sicherstellen kann. Schulen und Kindertagesstätten im schwierigen sozialen Umfeld benötigen eine bessere Ausstattung – das ist Chancengleichheit. In der Gesamtschule Hannover Linden und der Ganztagsgrundschule Albert-Schweitzer ist Integration längst gelebter Alltag. Christoph Walter und Beatrix Albrecht forderten deshalb auch Mut und Engagement von Entscheidungsträgern in Regelschulen ein. Dass die Verhältnisse und Voraussetzungen für die Gründung von Gesamt- und Ganztagsschulen oft schwierig seien, dürfe nicht als Argument für Handlungsunfähigkeit gelten. Die Stadt Hannover leiste hierfür wichtige Unterstützung: von 56 Grundschulen im Stadtgebiet werden 25 zu Ganztagsschulen umgewandelt, wie die Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion Christine Kastning berichtete. Außerdem werde der Ausbau der Kindertagesstätten konsequent vorangetrieben und durch Familienzentren schaffe die Stadt Anlaufstellen für Eltern und Kinder. Abschließend richtete Edelgard Bulmahn den eindringlichen Appell an alle Anwesenden, Vielfalt als Chance und nicht als Hindernis zu begreifen. „Nur wenn wir Vielfalt von Menschen schätzen und anerkennen lernen, profitieren wir von den Erfahrungen anderer. Bildung ist die beste Investition in unsere Zukunft!“, so Bulmahn.

11-02-16 FvO Integration