Die Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion im Unterausschuss Zivile Krisenprävention und vernetzte Sicherheit hat bei den Beratungen zum Haushalt 2013 des Auswärtigen Amtes einen deutlicheren Schwerpunkt deutscher Politik im Bereich von Friedensförderung und ziviler Konfliktbearbeitung eingefordert. Die Rede der hannoverschen Bundestagsabgeordneten im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich möchte auf ein Kernanliegen deutscher Außenpolitik zurückkommen zumindest sollte dies immer ein Kernanliegen deutscher Außenpolitik sein : Friedensförderung und Konfliktvermeidung.

Gerade in diesen Tagen erleben wir im Nahen Osten, wie wichtig Frieden für Menschen ist, wie sehr Menschen unter militärischen Angriffen, unter gewalttätigen Auseinandersetzungen leiden. Ich glaube, wir können uns nur annähernd vorstellen, was es heißt, jeden Tag, jede Nacht Angst um das Leben der Familie zu haben, Angst um das Leben der Freunde, der Bekannten und der Nachbarn zu haben, Angst um das eigene Leben zu haben. Deshalb wünschen wir uns ich glaube, das gilt für alle in diesem Saal , dass die deutsche Bundesregierung wirklich alles Mögliche dafür tut und ihren gesamten Einfluss nutzt, um eine Waffenruhe und möglichst auch einen Waffenstillstand zu erreichen. Meine Vorredner haben es bereits gesagt: Dafür wünschen wir Ihnen, Herr Außenminister, viel Erfolg. Wir wünschen uns, dass wir dieses Ziel gemeinsam mit unseren Partnern möglichst schnell erreichen.

In Ländern wie Mali, Somalia und an anderen Orten destabilisieren nichtstaatliche Akteure, Terroristen, Rebellen, Extremisten, Clans oder ethnische Gruppen, ganze Regionen. Sie tragen ihre Konflikte mit Gewalt aus. Sie terrorisieren die Zivilbevölkerung. Überall zeigt sich, dass diese Konflikte mit militärischen Mitteln allein nicht zu lösen sind. Militärische Mittel sind und dürfen immer nur Ultima Ratio sein, um Menschenleben zu schützen, wenn alle anderen politischen Mittel versagt haben.

Die Wissenschaft verzeichnet für 2011 weltweit fast 400 Konflikte. Davon werden 38 mit massiver Gewaltanwendung ausgetragen. Viele dieser Konflikte werden das ist das Erschreckende bereits seit Jahrzehnten ausgetragen. Das ständige Wiederaufflammen dieser Konflikte zeigt, dass die zugrundeliegenden Konfliktursachen niemals gelöst worden sind, dass es kein wirksames Konfliktmanagement gegeben hat und dass kein wirksamer Friedensförderungsprozess stattgefunden hat. Diese Konflikte zeigen ebenfalls nachdrücklich, dass eine militärische Intervention noch keinen Frieden schafft, sondern dass es notwendig ist, dass wir alle Möglichkeiten der Konfliktvermeidung und des Konfliktmanagements nutzen, um Konflikte mit zivilen Mitteln zu transformieren. Zuallererst in der Außenpolitik, aber auch auf anderen Politikfeldern, in der Wirtschaftspolitik, der Entwicklungspolitik oder der Umweltpolitik

Die Bundesregierung legt mit ihrem Haushalt für 2013 leider offen, dass sie über einen solchen Ansatz nicht verfügt; denn man kann feststellen, dass wichtige Entwicklungen einfach nicht zur Kenntnis genommen werden. Man muss leider auch zur Kenntnis nehmen, dass gerade dieser Bereich der deutschen Außenpolitik unter Schwarz-Gelb immer mehr dem Rotstift zum Opfer fällt. Für den Bereich der zivilen Krisenprävention und der Friedenserhaltung sollen im Jahr 2013 nur noch 95 Millionen Euro ich wiederhole: 95 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. In diesem Jahr waren es noch 120 Millionen Euro. Ich persönlich fand das schon ich glaube, das sage ich im Namen vieler hier viel zu wenig.

Aber diesen kleinen Betrag noch einmal so massiv zu kürzen, ist das sage ich Ihnen ganz klar nicht verantwortbar.
Wenn Konflikte nicht so eskalieren sollen, dass sie in militärische und gewalttätige Auseinandersetzungen umschlagen, und wenn Konflikte nicht immer wieder aufflammen sollen, dann muss es ein echtes Commitment dieser Regierung für zivile Krisenprävention und Friedensförderung geben. Das kann ich aber nicht feststellen, wenn ich mir den Haushalt anschaue.

Da nutzen keine verbalen Erklärungen. Es reicht nicht, sich hin zu stellen und zu sagen, dass man das möchte. Es ist notwendig, dass man dies auch in den finanziellen Entscheidungen untermauert und damit das klare Signal gibt, dass man es ernst meint.

Letztendlich zeichnet sich ab, dass dieser Bereich in der Außen- und der Entwicklungspolitik zum Verschiebebahnhof verkommt. Ich will ein Beispiel nennen. 15 Millionen Euro werden aus dem Bereich der zivilen Krisenprävention im Rahmen der Kooperationsvereinbarung vom AA ins BMZ transferiert; verbunden ist das mit der Wahrnehmung der sogenannten Katastrophenprävention. Aber auf meine Anfrage an das BMZ, erhalte ich die Antwort, dass es dort noch keine Überlegungen gebe, was Katastrophenprävention überhaupt sei und was sie leisten könne. Genau das ist der falsche Weg.

Der mühsame Weg eines erfolgversprechenden Konfliktmanagements hin zu echtem Frieden braucht Zeit und verlässliche Unterstützung. Eine wirksame zivile Krisenpräventionspolitik erfordert langen Atem. Kurzatmig die Mittel herauf- und herunterzufahren oder Bewilligungen nur für ein Jahr auszusprechen, wie es im Bereich des Auswärtigen Amtes üblich ist, ist nicht der richtige Weg. Damit werden wichtige Chancen zu Friedenssicherung und Konfliktlösung vertan. Die Verlässlichkeit gegenüber unseren Partnern leidet. Sie gefährden damit auch die wichtige Arbeit der zivilgesellschaftlichen Organisationen; denn diese können ihre Arbeit nur auf der Grundlage zuverlässiger finanzieller Rahmenbedingungen leisten. Deshalb sage ich ausdrücklich: Das ist leider auch ein Zeichen dafür, dass das Commitment seitens der Bundesregierung nicht da ist.

Ich würde mich sehr freuen, wenn die Bundesregierung hier Einsicht zeigt, wenn sie hier mehr investierte und Transparenz herstellte das ist auf anderen Politikfeldern beispielsweise durch die Einrichtung von Förderdatenbanken seit Jahrzehnten üblich und wenn Friedensförderung und ziviles Konfliktmanagement zu einem echten Schwerpunkt in der Politik der Bundesregierung würden. Ich befürchte, dass wir darauf noch ein Jahr warten müssen. Wir werden das auf jeden Fall verändern!

Vielen Dank.