Am 10. März 2010 besuchte die Bundestagsabgeordnete Edelgard Bulmahn gemeinsam mit Mitgliedern das Stadtbezirksrats Kirchrode-Bemerode-Wülfelrode soziale Einrichtung in den Stadtteilen.„Ich sehe, dass es noch viel zu tun gibt. Vor allem in der frühkindlichen Bildung und der Integration müssen wir Verbesserungen erreichen. Über Inklusion darf nicht nur geredet werden, sie muss praktisch ermöglicht werden.“ so Bulmahn, nachdem sie soziale Einrichtungen im hannoverschen Stadtbezirk besichtigte.

Den Anfang machte der niedersächsische Blindenverband in Kirchrode, der Edelgard Bulmahn zu einer Diskussion mit den Werkstattmitarbeitern und anschließender Besichtigung der Einrichtung einlud. „Ich freue mich auf das Gespräch. Politiker müssen wissen, wie sich Gesetze und Programme auswirken. Das können die Betroffenen am besten beurteilen.“, stieg Edelgard Bulmahn in die Diskussion ein. In den letzten 10 Jahren seien mehrere neue gesetzliche Grundlagen geschaffen worden, um die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben zu verbessern. So seien das 2000 erlassene Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderungen, das 2002 verabschiedete Behinderten-Gleichstellungsgesetz und letztlich die 2008 ratifizierte UN-Behindertenkonvention besonders hervorzuheben. Im Gespräch der Abgeordneten mit den Werkstattmitarbeitern kamen alle Teilnehmer zu dem Ergebnis, dass eine bessere Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen ein wichtiges Ziel der Politik sei, dass es aber im Alltag noch viele Problem gäbe. Sowohl bei der Sozialgesetzgebung wie auch bei Fragen, wie z.B. das Persönliche Budget gestaltet werden soll oder ein finanzieller Nachteilsausgleich für Menschen mit Behinderungen aussehen kann. Nach der Diskussion fand eine Besichtigung der einzelnen Einrichtungen statt, speziell die Einrichtung zur Beschulung taubstummer Kinder stieß auf besonderes Interesse bei der Delegation „Die Kinder hier zu erleben ist wunderbar – sie sind selbstbewusst und offen. Hier erhalten sie eine großartige Unterstützung, um an gesellschaftlichem und kulturellem Leben teilhaben zu können. Jedes Kind hat eine solche Unterstützung verdient.“

Im Anschluss an den Besuch des Blindenverbandes Niedersachsen fanden sich die Abgeordnete und die Mitglieder des Stadtbezirksrats im Familienzentrum Papenkamp ein. Frau Schlüwe, die Leiterin des Familienzentrums verdeutlichte, dass es für eine erfolgreiche Inklusion von behinderten Kindern an räumlichen Voraussetzungen aber auch an Personal fehle. Im Gespräch verwies sie auf die Schwächen und Unzulänglichkeiten von Baunormen, die überdacht werden müssten, da die bauliche Ausgestaltung des Familienzentrums teilweise nicht den Anforderungen der Kinder gerecht würde. „Architekten und die Verwaltungen denken nicht per se pädagogisch. Es ist notwendig, erfahrenes Lehrpersonal in die Planung von neuen Kindertagesstätten mit einzubeziehen. Pädagogische Gesichtspunkte müssen eine größere Rolle spielen, als die Selbstverwirklichung von Architekten.“ stimmte Edelgard Bulmahn zu.

Als nächste Station besuchte die Delegation die Kita Schatzinsel in Bemerode. Schwerpunkt der Diskussion bildete hier das Thema Qualifizierung und Weiterbildung der ErzieherInnen. Edelgard Bulmahn sprach sich für einen Weiterbildungsanspruch aus, z.B. für die Möglichkeit berufsbegleitende Fort- und Weiterbildungen die zu entsprechenden Abschlüssen führen zu kombinieren mit einem Freistellungsanspruch wir er in Österreich praktiziert wird. Dort haben seit 1999 Arbeitnehmer nach drei Jahren Betriebszugehörigkeit einen Anspruch auf Teilnahme an einer Weiterbildung zwischen drei Monaten und einem Jahr. In dieser „Bildungskarenz“ erhält der Beschäftigte ein Weiterbildungsgeld aus der Arbeitslosenversicherung von ca. 400 € monatlich.

Als letzte Station des Stadtteilspaziergangs besichtigten die Politiker die Sprachförderung des Diakonischen Werks, welche seit 15 Jahren in Bemerode ansässig ist. Durch vielschichtige Kontakte ist der Austausch und die Zusammenarbeit der Einrichtung mit Migrantinnen und Migranten des Stadtteils für alle Beteiligten eine enorme Bereicherung. „Von allen Migrantinnen und Migranten, die wir betreuen, sind ca. ein Drittel Neuzugewanderte, das heißt, weniger als drei Jahre in Deutschland.“ informiert Frank Enge die Delegation „und das obwohl der Anteil der Neuzugewanderten sinkt – ein toller Erfolg!“

„Mein Fazit ist gemischt.“ resümierte Edelgard Bulmahn am Ende des Tages. „Ich nehme mit, dass wir noch stärker kommunizieren müssen, das Inklusion Kernbestandteil der sozialdemokratischen Idee ist. Die Besuche in den Einrichtungen haben mir noch einmal gezeigt, wo wir beginnen müssen, inklusiv zu denken: Es fängt bereits bei der optimalen Ausleuchtung von Räumen und Gebäuden an, um sehbehinderten Menschen Teilhabe zuzusichern. Es geht um die Treppe im Kindergarten oder den Sprachunterricht, der nicht nur auf 3 Wochenstunden beschränkt sein darf. Das gilt auch für die frühkindliche Bildung: Wir haben tolle, engagierte Menschen, die sich einsetzen, doch wir brauchen mehr Erzieherinnen und vor allem Erzieher in den Kitas. Daran geknüpft ist eine bessere Bezahlung und Möglichkeit der Qualifizierung und Weiterbildung. Es ist notwendig, berufsbegleitende universitäre Spezialqualifikationen anzubieten, die Kompetenzen in verschiedenen Bereichen wie z.B. in der Musiktherapie, im Management oder in der Sonderschulpädagogik erweitern. Das Bedürfnis nach Weiterbildung ist riesig. In den Kitas werden die Grundsteine für das Leben und die Teilhabechancen unserer Kinder gelegt. Nur mit bestmöglicher individueller Förderung, insbesondere der Sprachkompetenzen aller Kinder und Jugendlichen können wir jedem die Möglichkeit eröffnen, gleichberechtigte an unserer Gesellschaft teilzunehmen.“